Das Pro Natura Tier des Jahres 2024 – der Iltis Mustela putorius
Um auf Herausforderungen rund um den Naturschutz aufmerksam zu machen, ernennt die Naturschutzorganisation Pro Natura seit 1998 jährlich eine heimische Tierart zum Tier des Jahres. Für das Jahr 2024 hat die älteste Naturschutzorganisation der Schweiz, die auch international als Teil von Friends of the Earth International auftritt, den Europäischen Iltis Mustela putorius für diese Rolle auserkoren.
Der Iltis löst damit die Blauflügelige Ödlandschrecke als Tier des Jahres ab, die im vergangenen Jahr als Botschafterin für die Vergänglichkeit natürlicher Auenlandschaften ausgewählt worden war. Er wird in der Roten Liste der Schweiz als «verletzlich» geführt und soll mit seiner Nominierung für gut vernetzte Kulturlandschaften werben, die ihm Verstecke, Nistmöglichkeiten und reichlich Beute bieten.
Der Europäische Iltis – weit verbreitet, aber immer seltener
In der Schweiz ist der Iltis vor allem in tieferen Lagen verbreitet – und zwar ausser im Wallis und im Tessin fast überall, aber dafür keineswegs häufig. Seine bevorzugten Lebensräume sind Waldränder, Wiesenlandschaften und Felder, die ihm ausreichend Versteckmöglichkeiten wie Hecken oder Ast- und Steinhaufen bieten, sowie strukturreiche Agrarlandschaften. Insbesondere in der Nähe von Feuchtgebieten und natürlichen Gewässern fühlen sich Iltisse wohl. Diese bieten nämlich auch Kröten, Fröschen und anderen Kleintieren ein Zuhause, die einen Grossteil der Ernährung des Iltisses ausmachen.
Leider gibt es immer weniger Lebensräume, die den Bedürfnissen des Iltisses gerecht werden. Schätzungen zufolge wurden in den letzten 150 Jahren rund 90 % der Feuchtgebiete in der Schweiz trockengelegt, während Agrarlandschaften zunehmend homogener und maschinengerechter gestaltet werden. Der Iltis verliert dadurch immer mehr der für ihn lebenswichtigen Verstecke und geschützten Wanderkorridore, während seine Beutetiere seltener werden.
Der Iltis (Mustela putorius)
Ein Iltis-Jungtier
Die Tiere sind nachtaktiv
Klein, aber oho: der Iltis als nachtaktiver Jäger
Wer einen Iltis in freier Wildbahn sieht, verwechselt ihn oftmals auf den ersten Blick mit dem eng mit ihm verwandten Steinmarder. Tatsächlich gehören beide Arten zur Familie der Marder (Mustelidae), jedoch ist der Iltis deutlich kleiner und an seiner weissen Gesichtszeichnung zu erkennen, die an eine Maske erinnert. Männliche Iltisse erreichen eine Kopfrumpflänge von 30 bis etwa 45 cm, eine Schwanzlänge von 9 bis 17 cm und ein Gewicht von 700 bis 1500 Gramm. Die Weibchen sind sogar noch kleiner: Selbst grosse Exemplare werden höchstens 38 cm lang und wiegen nicht einmal ein Kilogramm, während die kleinsten Weibchen sogar nur 20 cm lang und 200 Gramm schwer sind.
Iltisse sind nachtaktiv und gehen nach Einbruch der Dunkelheit auf die Jagd nach Amphibien, Mäusen und kleineren Vögeln sowie deren Eiern. Dabei töten sie ihre Beute mit einem Biss in den Nacken. In einigen Fällen erlegen Iltisse sogar Schlangen oder Tiere, die bis zu doppelt so gross sind wie sie selbst – die Behauptung, sie seien immun gegen Schlangengift, stimmt jedoch nicht. Bei der Jagd scheuen sie sich auch nicht davor, zu schwimmen oder zu tauchen, um ihre Beute zu fangen, klettern jedoch eher selten auf Bäume, obwohl sie exzellente Kletterer sind. Tagsüber verharren Iltisse in selbst gegrabenen oder von anderen zurückgelassenen Bauen oder natürlichen Verstecken wie Felsspalten und hohlen Baumstämmen. Auch nachts wagen sie sich nur selten auf offene Flächen, da sie selbst auf dem Speiseplan grösserer Raubtiere stehen.
Nomaden und Einzelgänger
Ausserhalb der Paarungszeit sind Iltisse Einzelgänger, die Gebiete von einem halben bis zu mehreren Quadratkilometern durchstreifen. Ihr Revier markieren sie mit dem Sekret ihrer Analdrüsen, die sie auch zur Verteidigung gegen Fressfeinde einsetzen. Typischerweise hält sich ein Iltis nicht lange im selben Gebiet auf – sobald die Nahrungsquellen erschöpft sind, zieht er weiter.
Lediglich zur Paarungssaison, die bei Iltissen von April bis Juni andauert, kommt es zu Begegnungen. Das «Familienglück» hält jedoch nicht lange: Während das Männchen unmittelbar nach der Paarung von dannen zieht, bringt das Weibchen nach sechs Wochen drei bis sechs Junge zur Welt, die einen Monat später bereits die Augen öffnen und feste Nahrung fressen und drei Monate nach der Geburt ausgewachsen sind und ebenfalls das Nest verlassen. Im darauffolgenden Jahr sind die Jungtiere geschlechtsreif – sofern sie den Winter überleben.
Dies gestaltet sich für Iltisse nicht immer einfach, da sie nur über ein dünnes Fell verfügen und ihren Winterunterschlupf nur selten verlassen können, um sich zu entleeren oder zu jagen. Sie sind deshalb auf ausreichend Fettreserven angewiesen, die sie sich im Herbst anfressen müssen. Viele Exemplare erreichen in dieser Zeit einen Körperfettanteil von bis zu 30 Prozent.
Auf dem Speiseplan des Iltis stehen neben Amphibien und Mäusen auch kleinere Vögel sowie deren Eiern.
Keine Bedrohung für Mensch und Haustier
Genau wie der Steinmarder ist der Iltis seit einiger Zeit auch in der Nähe des Menschen anzutreffen. Insbesondere im Winter suchen Iltisse oft in Scheunen, Ställen oder Schuppen Unterschlupf und Schutz vor der Kälte. Da sie äusserst menschenscheu sind, werden sie dort nur selten gesichtet, sondern fallen vor allem durch Kot und Urin sowie vereinzelt durch erlegte Beutetiere auf. Im Gegensatz zum Steinmarder ist der Iltis aber ansonsten harmlos – er vergeht sich weder an ausgewachsenen Hühnern noch an Autokabeln oder Gartenschläuchen.
Obwohl der Iltis bis jetzt nur als «verletzlich» eingestuft wird, gibt es bereits Bemühungen seitens der Naturschutzverbände, Iltisse zu unterstützen und ihre Lebensräume zu erhalten. So hat Pro Natura die «Aktion Hase & Co.» ins Leben gerufen, die sich für die Erhaltung der natürlichen Vielfalt auf Kulturflächen einsetzt. Wer selbst daran mitwirken will, erhält bei den Regionalverbänden der Pro Natura mehr Informationen über laufende Projekte, um Wildtiere, darunter auch den Iltis, zu unterstützen.
Weitere Informationen über das Pro Natura Tier des Jahres 2024 finden sich auf dem Webartikel von Pro Natura. Allgemeine Informationen von Pro Natura über das Tier des Jahres sowie eine Übersicht der vergagenen Jahre finden ebenfalls bei Pro Natura.