
Fruchtgemüse veredeln – lohnt sich der Aufwand?
Veredelte Tomaten, Gurken und Auberginen versprechen gesündere Pflanzen, höheren Ertrag und bessere Fruchtqualität. Doch lohnt sich der Aufwand im heimischen Garten wirklich? Dieser Artikel beleuchtet die Vorteile, möglichen Nachteile und gibt einen Überblick über die wichtigsten Veredelungstechniken für Fruchtgemüse.
Vielen Gärtnern ist die Technik des Veredelns bei Obstbäumen bekannt. Aber nicht nur Bäume werden veredelt, sondern zunehmend auch Fruchtgemüsearten wie Tomate, Gurke oder Aubergine.
Welche Vorteile bieten veredelte Gemüsepflanzen?
Grundsätzlich werden (fast) alle Gemüsearten aus Samen gezogen. Eine Ausnahme bilden mehrjährige Arten, wie Meerrettich, Rhabarber und eine Reihe von Gewürzkräutern (Rosmarin, Salbei oder Minze), die üblicherweise durch Teilung oder Stecklinge vermehrt werden. Die Veredelungstechnik kommt bei Gemüse erst seit einigen Jahrzehnten zum Einsatz. Hintergrund hierfür ist nicht die Gewinnung sortenechter Pflanzen wie bei Obstbäumen, sondern die Tatsache, dass Gurken und Tomaten beim intensiven Anbau leicht von bodenbürtigen Schaderregern befallen werden. Gerade im intensiven Tomaten- und Gurkenanbau bereiten Fadenwürmer, verschiedene Wurzelfäulen und Welkeerreger immer wieder Probleme.
Auf diesem Hintergrund wurden die Veredelungsverfahren für Fruchtgemüsearten entwickelt. Die Unterlage, welche das Wurzelsystem bildet, ist im Idealfall nicht nur unempfindlicher gegenüber den bodenbürtigen Schaderregern, sie ist auch besonders wüchsig und verträgt kühlere Bodentemperaturen. Dank dieser positiven Eigenschaften der Unterlage zeigt die veredelte Pflanze ein besseres Wachstum und somit auch einen höheren Ertrag. Auch die Fruchtqualität kann in einigen Fällen gesteigert werden. Diese Vorteile zeigen sich i.d.R. aber erst bei längerer Kulturzeit von vielen Monaten und intensiver Pflege, wie sie im professionellen Anbau im Gewächshaus üblich ist. Im Garten beträgt die Erntezeit für Tomaten auch im Gewächshaus nicht mehr als vier Monate (frühestens Ende Juni bis max. Ende Oktober) und nicht selten sorgt die Kraut- und Braunfäule für ein vorzeitiges Ende der Tomatenkultur. Auch bei Gurken führt Befall mit Falschem Mehltau und Spinnmilben nicht selten für einen frühzeitigen Zusammenbruch der Kultur.
Den Befall mit diesen wichtigen und regelmässig auftretenden Schaderregern kann auch die Verwendung veredelter Pflanzen nicht verhindern. Im Freiland ist die Kulturzeit von Tomate, Gurke, Aubergine und Paprika witterungsbedingt meist noch kürzer, das gilt ins besondere für feuchte Sommer, so wie im Jahr 2024.

Veredelung von Gurken-Jungpflanzen

Unterlagen-Pflanzen von Tomaten

Veredelte, zusammengewachsene Tomate
Veredelungsunterlagen
Gurken
Gurken werden in der Praxis auf verschiedene Unterlagen veredelt. Neben dem bekannten Feigenblattkürbis (Cucurbita ficifolia) gibt gib aber auch Unterlagen-Sorten die aus Speisekürbis (Curcurbita maxima), Moschuskürbis (C. moschata) oder speziellen Gurkensorten (Cucumis sativa) gezüchtet wurden. Wer Gurken selbst veredeln will findet im Internet verschiedene Anleitungen, bei denen als Unterlage häufig der Feigenblattkürbis genannt wird.
Tomate und Aubergine
Bei Tomaten kommen ebenfalls speziell für diesen Zweck gezüchtete Sorten als Unterlagen zum Einsatz. In vielen Videoanleitungen wird gern von Wildtomaten gesprochen, in den meisten Fällen sind es aber Sorten, die nur als Wurzelbildner dienen. Auf diese Tomatenunterlagen, z.B. 'Kaiser F1', 'Beaufort F1' oder 'Vigomax F1' lassen sich auch Auberginen veredeln.
Paprika und Chili
Veredelte Paprikapflanzen werden im Fachhandel eher selten angeboten. Als Unterlage dienen im Profianbau speziell dafür gezüchtete Sorten, z.B. 'Rocal F1' oder 'Snooker F1'.



Das Ziel der Veredelung von Fruchtgemüse ist es, widerstandsfähigere und ertragreichere Pflanzen zu erhalten, die besser gegen Bodenkrankheiten und ungünstige Bedingungen gewappnet sind. Durch die Kombination einer robusten Unterlage mit einer ertragreichen Edelsorte wird das Wachstum optimiert und die Fruchtqualität verbessert.
Veredelungstechnik
Schaut man sich im Internet die vielen Anleitungen zur Veredelung von Fruchtgemüse an, zeigt sich, dass es verschiedene Methoden gibt, Unterlage und fruchttragende Sorte miteinander zu verbinden. Normalerweise werden noch sehr junge Pflanzen verwendet. In allen Fällen ist es wichtig, dass sauber gearbeitet wird und die frisch veredelten Pflanzen unter hoher Luftfeuchte und warm kultiviert werden. So können die Stängel beider Pflanzen gut Kallus bilden und unter 'gespannter Luft' zusammenwachsen.
Die Gartensendung Querbeet des Bayerische Rundfunk bietet auf youtube ein anschauliches Video zu Veredelung von Tomaten. Ein gängiges Verfahren bei Gurke ist auf der Seite gemuesekiste.de zu sehen.
Fazit
Beim Anbau von Gurken, Tomaten oder Auberginen im Garten bringen veredelte Pflanzen i.d.R. keine Vorteile, da die Kulturzeit im Vergleich zum Profianbau sehr kurz ist und regelmässig auftretende Schaderreger den Ertrag stark beeinträchtigen können. Wer einmal veredelte Pflanzen ausprobieren möchte, besorgt sich am besten fertige Jungpflanzen und kann so ohne grossen Aufwand Erfahrungen sammeln. Natürlich kann man auch versuchen, selbst zu veredeln. Am besten besorgt man sich dafür so genannte Veredelungssets mit passendem Saatgut, Anleitung und entsprechendem Verbindungsmaterial, wie Veredelungsclips aus Silicon.

Dieser Text wurde von unserem Pflanzenschutzexperten Christoph Hoyer verfasst.